Was sind die größten Herausforderungen im Frische-Management und wie können sie gemeistert werden?
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Für eine effiziente Lebensmittellogistik spielt die optimale Disposition von Frischeprodukten eine wichtige Rolle. Nur mit einer präzisen Planung und Organisation können Frischeprodukte wie Obst, Gemüse und Milchprodukte in höchster Qualität und Frische den Endkunden erreichen. Dabei stoßen Unternehmen im Lebensmittelbereich auf zahlreiche Herausforderungen, die nur durch den Einsatz intelligenter Technologien im Supply Chain Management gelöst werden können. Um welche Herausforderungen es sich handelt und wie Unternehmen mit spezieller Software die gesamte Prozesskette vom Lieferanten bis zum Verkaufsregal optimieren, zeigt dieser Artikel.
Die Definition von „Frischeprodukten“ ist nicht vollumfänglich gesetzlich geregelt. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Lebensmittel, die nicht tiefgekühlt sind, also zum Beispiel Backwaren, Obst und Gemüse, Milch und Milchprodukte oder Fleischprodukte. Gerade im Umgang mit diesen Lebensmitteln spielt das richtige Bestandsmanagement eine entscheidende Rolle. Verschiedene Faktoren, wie beispielsweise die Einhaltung der Haltbarkeitsdaten und Verderb, entscheiden über die Menge der Abschreibungen und haben somit Einfluss auf den Umsatz. Umso wichtiger ist daher die richtige Balance zwischen Lagerbestand und Nachfrage, um Verluste zu minimieren und gleichzeitig stets frische Produkte anzubieten.
Warum ist die Disposition eines Frische-Sortiments besonders anspruchsvoll?
Eine effiziente Frische-Disposition ist für Lebensmittelhändler von entscheidender Bedeutung, da Frischwaren bis zu 40 % des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel ausmachen. Zur Frische-Dispo gehört daher eine Vielzahl von Aufgaben, angefangen bei der Bedarfsanalyse bis hin zur Bestandskontrolle und Nachbestellung. Disponenten für Frischware müssen dabei immer sicherstellen, dass Lebensmittelhändler ihren Kunden stets frische und qualitativ hochwertige Produkte anbieten können.
Herausforderung 1: Verderblichkeit und Mindesthaltbarkeitsdaten
Aufgrund der teilweise sehr kurzen Haltbarkeiten ist dies besonders herausfordernd. Vor allem ultrafrische Produkte wie Sushi oder verzehrfertig zubereiteten Salaten und Früchten aus der Kühltheke sind oft nur ein paar Stunden oder maximal ein bis zwei Tage haltbar, was die Herausforderung des Verderbs, mit der Unternehmen im Frischware Segment täglich konfrontiert sind, zusätzlich verstärkt. Die unterschiedlichen Durchlaufzeiten sind für viele Unternehmen zwar grundsätzlich keine große Herausforderung, jedoch ist bei der Disposition im Frischesortiment die Durchlaufzeit oft ungewiss, da die Qualität der Waren nicht konstant oder leicht überprüfbar ist. Daher muss täglich geordert werden, um auf plötzliche Veränderungen oder Qualitätsunterschiede eingehen zu können. Entscheidend ist zudem auch die Strategie der Händler. Lebensmitteleinzelhändler möchten einerseits leere Regale vermeiden – andererseits auch den Aspekt der Nachhaltigkeit erfüllen und Abschreibungen möglichst vermeiden. Manche gehen so gerade bei Frische-Artikeln bewusst “out-of-stock", um genau diese Abschreibungen zu vermeiden. Ähnlich verhält es sich bei Backwaren. Viele Kunden wünschen sich möglichst rund um die Uhr eine große Auswahl an Gebäckstücken und Broten – die Händler müssen dann für sich entscheiden, ob sie diese kundenfreundlichere, aber gleichzeitig wenig nachhaltige Strategie verfolge möchten oder nicht.
Herausforderung 2: Lagerung & Transport
Gerade bei schnell verderblichen Lebensmitteln ist die Einhaltung hygienischer Standards bei der Lagerung und dem Transport essenziell. Schon kleine Nachlässigkeiten können zu erheblichen Verlusten und einem Risiko für die Lebensmittelsicherheit führen. Der Transport gestaltet sich ebenfalls herausfordernd, da die Kühlkette während des gesamten Lieferprozesses ohne Unterbrechungen aufrechterhalten werden muss. Eine Unterbrechung der Kühlkette kann die Haltbarkeit und Qualität der Lebensmittel stark beeinträchtigen. Daher stellen die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Logistikpartnern und der Einsatz automatisierter Systeme zur Temperaturüberwachung sicher, dass jede Charge unter perfekten Bedingungen transportiert wird.
Herausforderung 3: Hohe Varianz im Produktportfolio
Die hohe Vielfalt im Produktportfolio der Frischeprodukte sind eine weitere Herausforderung. Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte bringen unterschiedliche Lager- und Transportanforderungen mit sich, was die Komplexität bei der Disposition erheblich erhöht. Am Beispiel von Äpfeln wird schnell deutlich, dass ein manueller Dispositions-Ansatz an seine Grenzen gerät: Bei mehreren Sorten mit zusätzlichen Bio-Varianten entstehen schnelle über 20 verschiedene Produktcodes. Hochgerechnet auf sämtliche Frischeprodukte entsteht dabei eine Menge an Stammdaten, die händisch nicht zu disponieren ist. Auch Artikelgruppen-Prognosen spielen eine entscheidende Rolle. Wenn Lebensmitteleinzelhändler beispielsweise eine bestimmte Menge an süßen Äpfeln benötigen, spielt die genaue Sorte keine Rolle, da die verfügbare Menge beim lokalen Biobauern jeden Tag variieren kann.
Herausforderung 4: Schwankungen und Saisonalitäten
Saisonale Nachfragen können nicht immer frühzeitig abgesehen werden. Auch wenn der Bedarf an gewissen Produkten im Sommer oder Winter steigt, kann es, zum Beispiel aufgrund einer unerwartet warmen Periode im Frühling, zu kurzfristigen Nachfragespitzen kommen, die manuell nicht bedienbar sind. Diese Schwankungen erfordern eine flexible und anpassungsfähige Bestandsplanung, um sowohl Überbestände als auch leere Regale zu vermeiden. Darüber hinaus muss auch die Unberechenbarkeit der Ernte einkalkuliert werden. Diese kann früher oder später als erwartet beginnen und somit von jetzt auf gleich die gesamte Planung hinfällig machen. Auch beim Preis gibt es saisonale Schwankungen. Zwar kann im vorherigen Jahr zur gleichen Zeit die Nachfrage nach Erdbeeren hochgewesen sein – wenn aktuell die Preise aber höher sind, kaufen weniger Leute Erdbeeren ein. KI spielt auch bei diesem Zusammenhang zwischen Menge und Preis eine große Rolle.
Herausforderung 5: Strenge gesetzliche Anforderungen
Insbesondere bei Frischeprodukten gibt es strenge gesetzliche Anforderungen, die Unternehmen berücksichtigen müssen. Dazu gehört zum Beispiel die Einhaltung sämtlicher Vorschriften und Standards in Bezug auf Lebensmittelsicherheit und Qualität – nicht nur, um Bußgelder zu vermeiden, sondern auch, um die Marken- und Produktintegrität zu wahren. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die sorgfältige Dokumentation und Nachverfolgbarkeit der gesamten Lieferkette vom Lieferanten bis zum Endkunden.
Wie gelingt die optimale Frische-Dispo?
Diese Herausforderungen zu meistern, setzt ein effizientes Management der Supply Chain mithilfe von KI-Tools voraus. Durch den Einsatz solcher Technologien können Unternehmen nicht nur Verluste minimieren, sondern auch die gesamte Prozesskette vom Lieferanten bis zum Verkaufsregal optimieren. Zum Einsatz kommen sollte eine spezialisierte Bestandsmanagementsoftware, die u.a. die folgenden Funktionen bieten sollte:
- KI-gestützte Algorithmen und Absatzprognosen
- Dynamische Sicherheitsbestände
- Automatische Bestellvorschläge und Bestellprozesse
- Management-by-Exception
- ABC-/XYZ-Analysen
- Bestandssimulation
- Multi-Echelon-Optimierung
- Lieferantenmanagement
- Reporting- und Analyse-Funktionen
Softwarelösungen mit diesen Funktionen können Lebensmittelhändler dabei unterstützen, die zuvor aufgezählten Herausforderungen zu bewältigen. Dabei ersetzen die Lösungen keineswegs die Mitarbeiter, sondern sollen diese unterstützen. Durch die Übernahme wiederkehrender Aufgaben, die digitalisiert und automatisiert werden, bleibt den Disponenten mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten; zum Beispiel die Verhandlungen mit Lieferanten oder das präzise Planen von bestimmten Aktionen. Treten Probleme oder Ausreißer bei Routinebestellungen auf, meldet das System den Handlungsbedarf dem Disponenten. Dieser kann dann das sogenannte Exception Handling übernehmen, wird aber durch die Automatisierung der Routinebestellungen deutlich entlastet.
Die Nutzung von historischen und Echtzeit-Daten spielt ebenfalls eine zentrale Rolle für die Automatisierung von Bestellungen. Die Daten werden von Lösungen für Bestandsmanagement durch einen maschinellen Lernalgorithmus ausgewertet. So erkennen die Programme Muster in den historischen Daten und der maschinelle Lernalgorithmus "lernt" ohne regelbasierte Programmierung mit jeder Bestellung oder jedem Input von Daten dazu. Auf der Grundlage der ausgewerteten Daten kann eine KI-Bestandsplanung die Bestellvorgänge, die den bekannten Mustern entsprechen, automatisieren und basierend auf den Parameter, die auf die Nachschubsteuerung Einfluss nehmen, individuell und fortlaufend auf Artikel- und Marktebene bestimmen und optimieren. KI-gestützte Prognosen melden zudem, wenn der Bestand eines bestimmten Artikels zu hoch ist und Verderb droht - und schlägt entsprechende Handlungsmöglichkeiten vor, z.B. eine Aktion vor Ladenschluss mit Preisnachlass.
Die dynamischen Sicherheitsbestände sorgen im Hintergrund für eine optimale Balance zwischen maximaler Lieferfähigkeit und idealen Lagerbestände. So kann jederzeit die Nachfrage bedient werden, ohne dass es zu Out-of-Stock-Situationen kommt oder zu hohe Bestände mit daraus resultierenden Abschreibungen entstehen. Daran geknüpft ist auch der Aspekt der Nachhaltigkeit, denn weniger Abschreibungen bedeuten weniger Abfall und weniger Lebensmittelverschwendung, was den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens signifikant verbessert. Zusätzlich kann in einer entsprechenden Software auch die Disposition der LKW gesteuert werden, z.B. mit Fokus auf eine optimale Auslastung unter Berücksichtigung der Bestellvorlaufzeiten der Händler.
Auch die intelligente Vernetzung mit den Lieferanten spielt hier eine wesentliche Rolle, da sie es ermöglicht, auf plötzliche Nachfrageschwankungen zügig zu reagieren und dadurch sowohl Verluste zu vermeiden als auch den Warenspeicher effektiv zu steuern. Wird ein Multi-Sourcing-Ansatz gewählt, kann beim Lieferausfall eines Lieferanten auf einen anderen zurückgegriffen werden.
Darüber hinaus bieten Bestandssoftwarelösungen dem Disponenten durch integrierte Dashboards und Berichtstools eine umfassende Übersicht über aktuelle Lagerbestände und Bestellanforderungen. Zusätzlich ermöglichen sie eine automatische Empfehlung von Nachbestellungen basierend auf Verkaufsdaten und prognostizierten Bedarfen. So kann der Disponent sich auf die wichtigen Entscheidungen konzentrieren und hat alle wichtigen Informationen immer griffbereit.
Fazit
Intelligente Technologien und spezialisierte Tools sind heutzutage essenziell für eine effiziente Frische Disposition. Nur mit ihrer Hilfe können Herausforderungen wie Verderblichkeit und schwankende Nachfrage effektiv gelöst werden. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen kann die Analyse großer Datenmengen automatisieren und Muster erkennen, die menschlichen Disponenten entgehen könnten. Auch bei kurzfristigen Änderungen am Markt kann die Disposition der Frischewaren dadurch aktiv und frühzeitig gesteuert werden. Fatal wäre es, erst im Nachhinein auf plötzliche Nachfragespitzen und damit einhergehende Stock-outs reagieren zu können. Die spezialisierten Technologien unterstützen nicht nur die Vorhersage der Nachfrage, sondern auch die Anpassung der Bestellmengen in Echtzeit, was zu geringeren Betriebskosten und höheren Umsätzen führt. Zusätzlich tragen modernen Systeme zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei, indem sie Lebensmittelverschwendung durch verbesserte Bestandskontrolle und präzisere Nachschubplanung reduzieren. Der Einsatz dieser Technologien führt nicht nur zu einer verbesserten Lagerverwaltung, sondern auch zu einer höheren Kundenzufriedenheit, da die Verfügbarkeit und Qualität der Produkte stets gewährleistet sind.
Sie interessieren sich für eine intelligente Planungs- und Bestandsmanagementsoftware? Wir beraten Sie gerne!
FAQ zum Frische-Management in der Lebensmittellogistik
Was bedeutet Frische-Disposition?
Frische-Disposition bezeichnet die Planung und Steuerung von Bestellungen und Beständen für verderbliche Lebensmittel mit begrenzter Haltbarkeit. Ziel ist es, die Verfügbarkeit am POS sicherzustellen und gleichzeitig Überbestände, Schwund und Food Waste zu minimieren. Typische Parameter sind Haltbarkeit, Lieferzeiten, Abverkaufsprognosen und Sicherheitsbestände.
Worin unterscheidet sich die Frische-Disposition von Trockenware-Dispo?
Bei Frische-Artikeln müssen Haltbarkeit, MHD-Daten und schnelle Umschlagszeiten stärker berücksichtigt werden. Während Trockenware oft mit höheren Sicherheitsbeständen geführt wird, setzt Frische-Disposition auf exakte Prognosen, häufigere Bestellungen und Just-in-Time-Lieferungen, um Verderb und Abschriften zu reduzieren.
Wie reduziere ich Überbestände und Abschreibungen bei Frischeartikeln?
Durch präzisere Absatzprognosen, abgestimmte Aktionen zur Abverkaufsförderung, Reduzierung der Bestellmengen und bessere Abstimmung mit Lieferanten. Automatisierte Systeme helfen, Bestellvorschläge dynamisch an tatsächliche Verkaufszahlen und Trends anzupassen.
Wie kann KI bei der Frische-Disposition helfen?
Künstliche Intelligenz (KI) erkennt Muster im Kaufverhalten und passt Bestellungen kontinuierlich an. Dafür analysiert sie riesige Datenmengen und erstellt daraus präzise Prognosen. KI-gestützte Systeme berücksichtigen Verkaufsdaten, Wetterprognosen, Feiertage, Aktionen und lokale Trends, um optimale Bestellmengen zu berechnen. Sie passen sich laufend an neue Gegebenheiten an und lernen aus Abweichungen. Das Ergebnis: weniger Überbestände, geringere Abschriften und eine höhere Verfügbarkeit im Regal – bei gleichzeitig sinkendem Planungsaufwand.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Disposition von Frischeprodukten?
Frischeprodukte wie Obst, Gemüse oder Milchprodukte haben kurze Haltbarkeiten, unterschiedliche Lageranforderungen und unterliegen saisonalen Nachfrageschwankungen. Auch gesetzliche Vorgaben und die hohe Sortenvielfalt erschweren die Planung. Ohne technologische Unterstützung ist es kaum möglich, diese Faktoren effizient zu managen.
Warum reicht manuelle Planung bei Frischeartikeln nicht aus?
Die Vielfalt an Produktvarianten, kurzfristige Nachfrageänderungen und unvorhersehbare Erntemengen machen eine manuelle Disposition fehleranfällig. Moderne Softwarelösungen mit KI-gestützten Prognosen helfen, die Bestellmengen präzise und flexibel an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
Wie können Abschreibungen bei Frischeprodukten durch eine Software vermieden werden?
Spezialisierte Tools analysieren Echtzeit- und historische Daten, berechnen dynamische Sicherheitsbestände und schlagen automatisch passende Bestellmengen vor. So werden Überbestände reduziert, Out-of-Stock-Situationen vermieden und Abschreibungen von Lebensmitteln deutlich gesenkt. Gleichzeitig steigert die Automatisierung die Effizienz im Tagesgeschäft und schafft Freiräume für strategische Aufgaben.
Welche Sicherheitsbestände brauche ich bei Frischeartikeln?
Der Sicherheitsbestand bei Frischeartikeln sollte möglichst schlank sein, da hohe Bestände schnell zu Verderb und hohen Abschreibungsquoten führen. Die optimale Höhe hängt von der Nachfragevariabilität, Lieferzeit und Lieferzuverlässigkeit ab. In der Praxis kalkulieren Händler Sicherheitsbestände oft dynamisch: Sie berücksichtigen historische Verkaufsdaten, saisonale Schwankungen und Aktionszeiträume. Moderne Dispositionssysteme passen die Sicherheitsbestände automatisch an, um Out-of-Stock-Situationen zu vermeiden und gleichzeitig die Abschreibungen zu reduzieren.
Wie kann ich Abschriften und Verluste bei Frischeartikeln minimieren?
Abschriften und Verluste entstehen vor allem durch Verderb und falsche Bestellmengen. Um diese zu reduzieren, sind präzise Absatzprognosen und eine bedarfsgerechte Disposition entscheidend. Maßnahmen wie häufigere, kleinere Bestellungen, optimiertes MHD-Management und First-In-First-Out-Lagerhaltung helfen zusätzlich. Viele Händler setzen auch Preisreduzierungen und Aktionen bei nahendem Ablaufdatum ein und nutzen digitale Tools, die Restlaufzeiten überwachen und frühzeitig Warnungen geben.

