BMW: Zahlen ohne Zählen

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BMW: Zahlen ohne Zählen
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Mit Hilfe der Inventursoftware von REMIRA verwaltet der Automobilhersteller BMW seine Inventuren nun zentral und zeitsparend. Das Finanzressort von BMW suchte im Rahmen der konzernweiten Umstellung auf SAP für die inländischen Produktionsstandorte und die Ersatzteilversorgung eine neue Lösung für das Durchführen der Inventuren. Hier setzt der Autohersteller bereits seit 25 Jahren auf die Stichprobeninventur. Bislang verwendete das Unternehmen hierfür ein selbst entwickeltes Programm, das durch eine zugekaufte Software abgelöst werden sollte. Dabei kam nur eine von Wirtschaftsprüfern zertifizierte Lösung in Frage, die auch die so genannten „gebundenen Schätzverfahren“ beherrscht. 

Alle vier Schätzverfahren in einer Software

Dabei handelt es sich um eines von vier zugelassenen Verfahren, mit denen der relative Stichprobenfehler sowie die Abweichung der Gesamtwerte ermittelt werden kann. Wirtschaftsprüfer erkennen eine Stichprobeninventur nur dann an, wenn diese Werte innerhalb bestimmter Grenzen liegen – dabei spielt es keine Rolle, durch welches der vier Schätzwertverfahren das Ergebnis zustande kam.

Diese Vorgabe kann zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. So kann eine Inventur, die nach der Berechnungs-Methode der Differenzen-Schätzung erfolgreich war, nach den Regeln der Mittelwertschätzung durchfallen. Die Aussagekraft der Mittelwert-Methode liegt somit unter den Erwartungen vieler Unternehmen und Wirtschaftsprüfern. Die Differenzen-Schätzung arbeitet hier wesentlich effizienter, aber auch die Verhältnis- und die Regressions-Schätzung bieten spezifische Vorteile.

Für die Praxis leitet sich daraus folgendes ab: Je genauer das Verfahren für das Ermitteln des relativen Stichprobenfehlers und die Abweichung der Gesamtwerte arbeitet, desto eher entspricht die durchgeführte Inventur den Erwartungen der Wirtschaftsprüfer. Das Inventursoftware-System von REMIRA vergleicht bei jeder Inventur die Ergebnisse in allen vier Schätzverfahren.

Zentrale Installation

Nach der grundsätzlichen Entscheidung für REMIRA war im nächsten Schritt die Leistung der Technik- und Service-Mannschaft von REMIRA gefordert. Denn innerhalb des BMW-Konzerns muss die Software nicht nur mit SAP, sondern auch mit einer älteren Host-Anwendung namens Legacy kommunizieren. „Mit SAP verwaltet BMW die Lagerbestände für die Montage der Neufahrzeuge, während Legacy der Organisation des zentralen Ersatzteilelagers in Dingolfing dient“, sagt Jan Erichsen, der zu diesem Zeitpunkt die Softwareentwicklung der Inventursoftware leitete. Insgesamt seien in den Systemen 240.000 Teilenummern hinterlegt, aus denen zum Zeitpunkt der Inventur die so genannte VS-Schicht ermittelt wird. Die Buchstaben V und S stehen für „Vollzählung“ und „Stichprobe“. Dabei wird festgelegt, wie viele und welche Lagerpositionen vollständig gezählt beziehungsweise per Stichprobe erfasst werden müssen.

Während die VS-Schicht für die Lagerbestände der Montage von SAP ermittelt wird, greift die REMIRA Lösung bei Legacy bereits zu diesem Zeitpunkt in den Prozess ein. Das Auswerten der Zählungen erfolgt in der Stat Control-Lösung – die Gründe liegen in den erwähnten Schätzwertverfahren. Im Laufe des Projektes musste sich unsere Software aber nicht nur an SAP und die Host-Lösung Legacy anpassen, sondern auch an die Terminalserver-Anwendung Citrix. „Dadurch muss die Software nur einmal zentral installiert und kann von allen Werken genutzt werden“, so Erichsen.

Reduzierte Betriebskosten

Eine weitere Herausforderung für die Techniker von REMIRA war die Anbindung an die bei BMW konzernweit genutzte Oracle-Datenbank. Bisher war die Inventursoftware ausschließlich für SQL-Datenbanken eingerichtet und die Umstellung auf Oracle brachte viel zusätzliche Arbeit mit sich. Dennoch konnte REMIRA den eng gesteckten Zeitplan einhalten. Pünktlich zum 2. Februar 2009 stand die Software in allen Werken für das Durchführen der anstehenden Inventuren bereit. „Nicht nur der Zeitplan, sondern auch der Kostenrahmen des Projektes wurden eingehalten“, so die REMIRA Verantwortlichen.

Ziel war eine zentrale Inventuradministration. „Ein einziger Mitarbeiter in München bildet für alle Produktionsstandorte der AG und das zentrale Ersatzteillager in Dingolfing die V- und S-Zählvorräte“, erläutert Erichsen. Aber nicht nur die Zählvorgaben, auch die Prozess-Steuerung und die Kontrolle des Verfahrens kommen aus der Konzern-Zentrale. Entsprechend anspruchsvoll war die durchgängige Integration der REMIRA Software in die IT-Landschaft von BMW.

Die Folge sind erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen: Für das zentrale Ermitteln der VS-Schicht müssen die Anwender jetzt nur noch das jeweilige Werk anklicken, in dem die Inventur durchgeführt werden soll. Der gesamte Prozess der VS-Schichtbildung nimmt dadurch nur noch 60 Minuten in Anspruch. „Früher dauerte das Bilden der Zählvorräte einen ganzen Tag pro Werk, denn die Mitarbeiter mussten die erforderlichen Daten aus den unterschiedlichen Systemen über diverse Schnittstellen bereitstellen“, berichtet Erichsen. Jetzt hätten die Mitarbeiter von BMW viel mehr Zeit für Analysen und die Qualität der Arbeit sei erheblich gestiegen. Diese Vorteile der vereinfachten Administration im Jahr 2009 erstmals in vollem Umfang nutzen.

Hintergrund: Stichprobeninventur und Schätzwertverfahren

Hintergrund der Stichprobeninventur ist ein deutsches Gesetz, das Unternehmen die Bestandsaufnahme wesentlich vereinfacht: Paragraph 241 des Handelsgesetzbuchs (HGB) erlaubt das Durchführen von Stichproben-Inventuren. Grundlage dafür ist das Phänomen, dass etwa 20 Prozent aller Lagerpositionen 60 bis 95 % des Lagerwertes repräsentieren. Bei der Aufstellung des Inventars darf der Bestand demnach auch mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden auf Grund von Stichproben ermittelt werden. Dieser Regelung folgen auch viele andere Länder.

Die vier anerkannten Schätzwertverfahren bei Stichprobeninventuren unterteilen sich in die freien Mittelwertverfahren und die gebundenen Verfahren. Bei der freien Mittelwertschätzung – auch als freie beziehungsweise direkte Hochrechnung bekannt – werden die durchschnittlichen Ist-Werte ermittelt und mit der Zahl der Positionen je Schicht multipliziert.

Als gebundene Verfahren gelten die Differenzenschätzung, die Verhältnisschätzung sowie die Regressionsschätzung. Die Differenzenschätzung ist eine so genannte unverzerrte Schätzung. Sie ermittelt die Durchschnitts-Differenzen, während die Verhältnisschätzung den Quotienten zwischen Ist- und Buchgesamtwert ermittelt und eine Korrektur des Wertes per Stichtag vornimmt – man spricht hier von einer verzerrten Schätzung. Die Regressionsschätzung ist eine ausgleichende Schätzung, die auf einem Regressionskoeffizienten beruht.

Alle vier Methoden haben das Ziel, den relativen Stichprobenfehler sowie die Abweichung der Gesamtwerte zu ermitteln. Wirtschaftsprüfer erkennen eine Stichprobeninventur nur dann an, wenn diese Werte innerhalb bestimmter Grenzen liegen – dabei spielt es keine Rolle, durch welches der vier Schätzwertverfahren das Ergebnis zustande kam. Diese Regeln wurden in einer Stellungnahme des Hauptfachausschusses des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW) festgeschrieben („Stichprobenverfahren für die Vorratsinventur zum Jahresabschluss – Stellungsnahme HFA 1-1981 des IDW“).

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