Inventur

Die Inventur ist eine in Deutschland verpflichtende Bestandsaufnahme aller vorhandener Vermögensbestände und Verbindlichkeiten in einem Unternehmen.

Was ist Inventur?

 

Definition: Was ist Inventur?

Die Inventur ist eine für den Jahresabschluss gesetzlich notwendige Aktion, die einmal im Jahr durchgeführt werden muss.  Ziel ist es, ein Inventar über die Vermögensgegenstände für die Bilanzierung aufzustellen. Die jährliche Inventur wird meist zum Ende eines Geschäftsjahres durchgeführt. In vielen Unternehmen ist dies der 31. Dezember, auch (Bilanz-) Stichtag genannt, weshalb diese Form der Inventur auch "Stichtagsinventur" genannt wird. Für die Lagerinventur bedeutet das im klassischen Sinne, dass im Unternehmen einmal pro Jahr der komplette Warenbestand erfasst werden muss – und zwar durch Inaugenscheinnahme (Zählen, Messen, Wiegen) durch einen Menschen. Daraus wird deutlich, dass es sich bei der Bestandsaufnahme vollständig um ein Finanzthema handelt – nämlich das der Bilanzierung.

Bei der Inventurdurchführung müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Jahresabschluss und zur externen Rechnungslegung erfüllt werden, die in Deutschland festgelegt sind. Insbesondere sind §§ 240 und 241 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu beachten. Darüber hinaus gibt es noch erweiterte Regelwerke, die die Durchführung einer Inventur im Detail vorgeben. Dazu zählen unter anderem die Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) oder die Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV).

Was ist der Unterschied zwischen Inventur und Inventar?

Der Begriff Inventur beschreibt die körperliche Bestandsaufnahme, das Inventar hingegen ist das Ergebnis dieser Bestandsaufnahme. Festgehalten werden die drei übergeordneten Bereiche Vermögen, Schulden und Eigenkapital.

Warum ist eine Inventur für Unternehmen stressbelastet?

Die klassische Vollinventur besteht darin, den gesamten Bestand einmal pro Jahr zu zählen. Das bedarf in der Regel eines hohen Personal-, Zeit- und Kostenaufwands. Lagerschließzeiten und Produktionsstopps sind keine Seltenheit. Hinzu kommt ein hohes Fehlerrisiko bei der Zählung, der Eingabe und der Übertragung der Ergebnisse. Die Durchführung beeinträchtigt den gesamten Arbeitsablauf in einem Unternehmen in erheblichem Maße. Gerade in großen Unternehmen müssen viele Mitarbeiter eingesetzt werden, um eine ordnungsgemäße Inventur durchführen zu können. Teilweise werden auch lagerfremde Personen eingesetzt, die die Bestandsaufnahme unterstützen. 

Welche Alternativen zur Vollinventur gibt es?

Um die eigentliche Inventur zu vereinfachen, gibt es seit Jahrzehnten sogenannten Inventur-Vereinfachungsverfahren, um die vorhandenen Bestände effektiver und schneller zu zählen. Oft tragen sie zudem dazu bei, eine optimierte Bestandssicherheit zu erhalten. Im Folgenden werden diese Inventurarten vorgestellt.

Stichtagsinventur

Die klassische Voll-Inventur an einem Stichtag besteht darin, den gesamten Bestand einmal pro Jahr innerhalb eines kurzen Zeitraums zu zählen. Diese Durchführung ist extrem zeitaufwendig und braucht viel Personal, teilweise sogar lagerfremde Personen. Durch den hohen Zählaufwand kommt es häufig zu Übertragungsfehlern. Nicht selten kann es sogar zu Produktionsstopps oder Lagerschließungen kommen. Durch heute gängige technologische Hilfsmittel lassen sich Fehler reduzieren und Zählvorgänge effizienter gestalten. Dazu zählen beispielsweise Warenwirtschafts- und Lagerverwaltungssysteme sowie MDE-Geräte, RFID-Technologie sowie Pick-by-Voice und Pick-by-Light. Doch auch die Hilfsmittel ändern nichts am Kernproblem der Vollinventur am Bilanzstichtag: Der gesamte Warenbestand muss vollständig gezählt werden

Vor- oder nachverlegte Inventur

Die vor- und nachverlegte Vollinventur ist die aktuell am weitesten verbreitete Inventurform in der DACH-Region. Diese Art der Inventur wird vorrangig von Unternehmen mit sehr großen Beständen genutzt. Die Inventurorganisation und die Durchführung sind identisch mit einer Vollinventur zum Bilanzstichtag. Allerdings kann die Inventurdurchführung in einem Zeitraum von drei Monate vor beziehungsweise zwei Monate nach dem Bilanzstichtag erfolgen. Die Voraussetzung dafür ist eine vollständige Fortschreibung bzw. Rückschreibung des Bestandes zum Bilanzstichtag. Diese Form der Inventur gibt den Unternehmen Flexibilität bei der Festlegung des Inventurdatums. Allerdings kommen dabei die gleichen Nachteile wie bei der Vollinventur zum Bilanzstichtag zum Tragen. Ein großer organisatorischer Aufwand und ein erhöhtes Fehlerrisiko bei den Zählungen bleiben bestehen.

Permanente Inventur

Bei der permanenten oder laufenden Inventur erfolgt die Bestandsaufnahme nicht an einem Stichtag, sondern fortlaufend während des gesamten Jahres. Eine Voraussetzung für die permanente Erfassung ist eine funktionierende Bestandsfortschreibung, die durch ein ERP-System, ein Warenwirtschaftssystem oder ein Lagerverwaltungssystem erfolgen kann. Bis zum Bilanzstichtag muss der vollständige Bestand gezählt und aufgenommen sein. Auch hier bleibt der Zählaufwand grundsätzlich gleich, durch das Verteilen der Zählungen in einzelne Etappen werden jedoch der Stress und die Fehlerquote gesenkt.

Stichprobeninventur

Mit der Stichprobeninventur muss nur noch ein kleiner Teil des Bestands gezählt werden. Auch diese Art der Inventur ist durch das HGB gesetzlich zugelassen und erleichtert die Durchführung maßgeblich. Die Stichprobeninventur basiert auf anerkannten mathematisch-statistischen Methoden, mithilfe derer eine Hochrechnung durchgeführt, die Bestandsqualität gemessen und so eine Aussage über deren Zuverlässigkeit getroffen wird. Ziel ist es, den Nachweis zu erbringen, dass die Informationszuverlässigkeit des bestandsführenden Systems so genau ist, dass eine Vollinventur keine genauere Aussage über das zu bilanzierende Umlaufvermögen hervorbringen würde. Je nach Größe und Beschaffenheit des Lagers lässt sich der Zählaufwand damit um durchschnittlich 95 % reduzieren. Durch das geringere Zählvolumen sinken bei der Stichprobeninventur auch der Personalaufwand und die Kosten. So können auch Lagerschließungen und Produktionsstopps vermieden werden. 

Welche verschiedenen Inventurverfahren gibt es?

Grundsätzlich wird zwischen der körperlichen Inventur, der Buchinventur und der Anlageninventur unterschieden.

  • Bei der körperlichen Inventur wird alles gezählt, gemessen, gewogen oder geschätzt, was angefasst werden kann. Dazu gehören zum Beispiel Warenbestände, Maschinen oder Anlagen. Die Ergebnisse werden auf einer Inventurliste aufgeführt.
  • Unter Buchinventur hingegen versteht man alle Gegenstände, die nicht fassbar sind (Schulden, Verbindlichkeiten, Bankguthaben etc.).
  • Die Anlageninventur ersetzt die körperliche Bestandsaufnahme des beweglichen Anlagevermögens in Form eines Anlagenverzeichnisses, woraus sich die Werte für Maschinen, Firmenfahrzeuge oder die Büroausstattung ergeben.

Ablauf einer Inventur

Die Inventur stellt die Grundvoraussetzung dar, damit ein ein Unternehmen ordnungsgemäß Buch führen und eine Bilanz erstellen kann. Meinst wird die Bestandsaufnahme nach Betriebsschluss durchgeführt. je größer das Unternehmen und je umfangreicher das Sortiment, desto höher der Zeit- und Personalaufwand.

  • Planung: Bevor die nächste Inventur beginnt, sollte ein genauer Zeitplan erstellt werden, der die verfügbaren Ressourcen, den Umfang und die zu inventarisierenden Artikel berücksichtigt. Zu diesem Zeitpunkt sollten auch die Mitarbeiter geschult und die erforderlichen Materialien, wie zum Beispiel Zählhilfen oder Etiketten, beschafft werden.
  • Festlegung der Inventurmethoden: Es gibt verschiedene Inventurmethoden, aus denen das Unternehmen wählen kann, je nach den spezifischen Anforderungen. Die gängigsten Methoden sind die Stichtagsinventur, bei der alle Bestände zu einem festgelegten Zeitpunkt erfasst werden, und die permanente Inventur, bei der die Bestände kontinuierlich über das Jahr verteilt erfasst werden.
  • Vorbereitung des Lagers: Um eine effiziente Inventur durchzuführen, sollte das Lager vorab aufgeräumt und organisiert werden. Hierzu gehört das Beseitigen von Hindernissen, das Sortieren der Waren und das Kennzeichnen der Lagerbereiche.
  • Durchführung: Die eigentliche Bestandsaufnahme beginnt mit dem Zählen der physischen Bestände. Dabei sollten die Mitarbeiter systematisch vorgehen, indem sie von einem Lagerbereich zum nächsten fortschreiten und die gezählten Artikel auf einer Liste oder in einer digitalen Erfassung festhalten. Bei Unstimmigkeiten oder Fehlern ist es wichtig, diese zu dokumentieren und anschließend zu klären.
  • Überprüfung der Ergebnisse: Nach Abschluss der Zählung sollten die Ergebnisse mit den vorhandenen Bestandsdaten verglichen werden. Bei Abweichungen müssen die Gründe ermittelt und entsprechende Korrekturen vorgenommen werden. Hierbei kann es hilfreich sein, Stichproben durchzuführen, um die Qualität der Inventur zu überprüfen.
  • Dokumentation und Berichterstattung: Die Inventurergebnisse sollten sorgfältig dokumentiert und archiviert werden. Dies ermöglicht eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der durchgeführten Inventur. Die gewonnenen Daten fließen in die Bilanzerstellung ein und dienen als Grundlage für betriebswirtschaftliche Entscheidungen.
  • Analyse und Optimierung: Als Ausblick auf die nächste Inventur ist es empfehlenswert, den Prozess zu analysieren und mögliche Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Dies kann dazu beitragen, zukünftige Bestandsaufnahmen effizienter zu gestalten und Fehlerquellen zu minimieren.

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